datenglück

ein neues Schreiben
wenig

gerade genug

will ich
Schreibe

nur ein paar Zeilen

Eine umfangreiche Briefsammlung aus der Zeit von 1941 bis 1945 erzählt von Krieg, Schutzhaft, Überlebenskampf, Verlust. Wie ein Schatz wird die Sammlung der Familie Schramm  aus Essen–Stadtwald jahrzehntelang gehegt und aufgehoben. Sie geht von einer Generation über an die nächste und verändert ihre Form, wird mehrmals abgeschrieben, durch persönliche Erinnerungen und gesammelte Dokumente ergänzt und sortiert. Inhaltlich oszilliert sie zwischen Verstrickung in kollektive Täterschaft und Leid durch politische Verfolgung. Einen Pol der vorliegenden Sammlung bilden Berichte von Albert Schramm, dem Urgroßvater Christoph Collenbergs, über seine „Schutzhaft“ durch die Nationalsozialisten. Den Anderen bilden Erichs Feldpostbriefe und Schilderungen von eigenen Kampfhandlungen als Wehrmachtssoldat.
datenglück (477 Seiten) ist eine digitale Neufassung der vollständigen Briefsammlung (ca. 200 Briefe) und eine Iteration der Überlieferung. Es erforscht transformatives Erinnern mittels Ab–, Um– und Neuschreibens und denkt Schreibpraxis als empathische Aneignung und persönliche Begegnung: Ich betrachte und lese eine Briefseite nach der nächsten wie ein Gesicht. Briefe werden konserviert, kondensiert, dekonstruiert, invertiert oder transponiert. Dabei entstehen gleichermaßen Texte wie Bilder/Figuren/Muster – oder: Skulpturen, die verschiedene Rezeptionsmodi erlauben. datenglück denkt den Erinnerungsprozess als (Re)konstruktion und vollzieht den Übergang vom Erfahrungsgedächtnis ins kulturelle Gedächtnis künstlerisch nach. Im Erneut–Schreiben suche ich das Gespräch mit dem Brief und deren VerfasserInnen und werde von ihnen heimgesucht. Die Erinnerung des Briefes wird meine eigene. Genauso schreibe ich dem Brief meine eigene Erinnerung ein. datenglück ist eine rotierende Blaupause für Krieg mit aus heutiger Perspektive erschreckender Aktualität. Die ProtagonistInnen in datenglück denken schreibend nach, bäumen sich gegen das Vergessen und das Vergessenwerden auf und erfahren nach und nach ihre eigene Transformation.

datenglück / Technische Beschreibung
Die Sammlung wurde zuerst digital abgeschrieben und in InDesign gesetzt. Im Anschluss wurde jeder gesetzte Brief aus InDesign als .tif exportiert, seitenweise in Photoshop selektiv geweißt, und anschließend zu einem pdf–Dokument kompiliert.
datenglück wurde als interaktive Installation am Institut für Musik und Medien präsentiert, liegt außerdem in gedruckter Form als Kleinstauflage vor und ist über eine Website einzusehen. Ein Exemplar wurde 2020 auf der OPEN_PUBLIC Buchmesse/Hallraum Worringer Platz in Düsseldorf ausgestellt.

datenglück als PDF

Bedienung: Pfeiltasten L/R drücken oder gedrückt halten und beliebig loslassen; Klick links oder rechts auf Bild.

datenglück als Videoinstallation

präsentiert am Institut für Musik und Medien Düsseldorf am 6.2.2020.
Das pdf–Dokument (477 Seiten) läuft per html–Slide Show im Loop und wird auf eine Leinwand projiziert. Die Projektion ist interaktiv. Über eine Tastatur können folgende Parameter individuell justiert werden, wodurch verschiedene Lesarten möglich werden: Geschwindigkeit erhöhen/reduzieren, Loop anhalten/fortsetzen, eine Seite vorblättern/eine Seite zurückblättern.

Mögliche Lesemodi der Videoinstallation sind unter anderem: einen Punkt fixieren; die Augen zusammenkneifen und Formen betrachten; zufällig die Slide Show anhalten und stichprobenartig lesen – von links oben nach rechts unten, kontraintuitiv über die Seite wandernd; Seite für Seite lesend vor– oder rückwärts blättern.